Risiken vermeiden ist die beste Schlaganfall-Vorsorge

Die Vorsitzenden der Schlaganfall-Initiative Regensburg e.V., Prof. Dr. Ulrich Bogdahn und Prof. Dr. Hendrik-Johannes Pels, sprechen anlässlich des Welt-Schlaganfalltag am 29. Oktober zu Ursachen, Risiken und Behandlungsmöglichkeiten.

Knapp 270.000 Schlaganfälle ereignen sich jährlich in Deutschland. Rund 20 Prozent der Patienten sterben innerhalb von vier Wochen, über 37 Prozent innerhalb eines Jahres. Nach Krebs- und Herzerkrankungen ist der Schlaganfall daher die dritthäufigste Todesursache in Deutschland. Aber auch die Lebensqualität ist in einem erheblichen Ausmaß betroffen: Rund die Hälfte der überlebenden Schlaganfall-Patienten bleibt noch mindestens ein Jahr nach dem Ereignis dauerhaft behindert – fast eine Million Bundesbürger leiden lebenslang an den Folgen dieser schweren akuten Hirnschädigung.

Die Vorsitzenden der Schlaganfall-Initiative Regensburg e.V., Prof. Dr. Ulrich Bogdahn, Direktor der Klinik und Poliklinik für Neurologie an der Universität Regensburg, und Prof. Dr. Hendrik-Johannes Pels, Chefarzt der Klinik für Neurologie im Krankenhaus Barmherzige Brüder sind sich der Zahlen und Fakten bewusst und weisen ihre Patienten täglich auf die Risiken und Folgen eines Schlaganfall-Ereignisses hin. Zusätzlich wollen sie den Welt-Schlaganfalltag am 29. Oktober nutzen, um mit einem Informationsabend die Bevölkerung noch besser zu erreichen. In einem Gespräch äußern sie sich hier zu Ursachen, Risiken und Behandlungsmöglichkeiten.

Welche Ursachen führen zu einem Schlaganfall?

Prof. Bogdahn: Hauptmechanismen beim Schlaganfall sind der akute Mangel an Durchblutung in betroffenen Teilen des Gehirns (Sauerstoffmangel, Ischämie, Infarkt) und eine folgende Hirnschwellung (Ödem). Ursache der eingeschränkten Durchblutung sind oft eingeschwemmte Blutgerinnsel (vom Herz oder aus verkalkten Gefäßen), die dann ein oder mehrere Blutgefäße des Gehirns verstopfen. Hierbei stellt das oft nicht bemerkte Vorhofflimmern des Herzens eine besonders gefährliche Ursache dieser embolischen oder auch ischämischen Infarkte dar. Neurologen und Kardiologen müssen hier Seite an Seite dem Schlaganfall die Stirn bieten und Risiken minimieren.

Prof. Pels: Seltener kann ein Schlaganfall jedoch auch durch eine Blutung verursacht sein. Dabei reißt eines der Hirngefäße und Blut tritt in das umliegende Gehirngewebe ein. Dies führt einerseits zu einer direkten Hirnschädigung durch die raumfordernde Blutung. Andererseits werden die Hirnareale, die die Blutung unmittelbar umgeben häufig nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgt. Da unser Gehirn konstant auf Blut zur Sauerstoff- und Nährstoffversorgung angewiesen ist, stört ein Mangel bereits nach kürzester Zeit die Funktion der Nervenzellen im betroffenen Hirnbereich. Wie dramatisch ein Schlaganfall verläuft, hängt damit von der Dauer der Unterversorgung sowie von Umfang und Lage des betroffenen Gehirnbereichs ab.

Welche Risiken können wir beeinflussen?

Prof. Bogdahn: Alter oder manche genetische Risiken lassen sich nicht beeinflussen. Aktiv können wir jedoch durch einen gesunden Lebensstil sowie durch die proaktive konsequente Behandlung genetischer Risikofaktoren zu familiären Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörungen, Gerinnungsstörungen oder Herzerkrankungen wie das Vorhofflimmern das Risiko erheblich senken. Auch mögliche Warnhinweise müssen ernst genommen werden wie z. B. nach kleineren Ereignissen Übergewicht, mangelnde Bewegung, Rauchen oder übermäßiger Alkoholkonsum, die entschlossen korrigiert werden können.

An welchen Merkmalen erkennt auch ein Laie ein Schlaganfall-Ereignis?

Prof. Pels: Anzeichen sind beispielsweise eine plötzliche einseitige Lähmung, die das Gesicht (herabhängender Mundwinkel), den Arm oder das Bein in verschiedener Ausprägung betreffen kann. Aber auch ein einseitiges Taubheitsgefühl oder Kribbeln kann Folge eines Schlaganfalls sein. Außerdem können, abhängig vom betroffenen Hirnareal, Sehstörungen, Sprechstörungen („verwaschene Sprache“ ) oder Sprachstörungen (Wortfindungsstörungen, „Wortsalat“) oder auch plötzlich auftretende Gleichgewichtsstörungen sowie Schwindel auf einen Schlaganfall hindeuten.

Prof. Bogdahn: Je früher einem Schlaganfallpatienten fachgerecht geholfen wird, desto mehr Hirngewebe kann gerettet werden. Durch geeignete Erste Hilfe-Maßnahmen und sofortiges Alarmieren des Rettungsdienstes über 112 können daher wertvolle Sekunden gespart werden. Bis zum Eintreffen des Notarztes sollten Sie Betroffene versorgen und betreuen. Ganz wichtig: Jeder Schlaganfall ist ein Notfall, so wie ein Herzinfarkt, der allerschnellstens professionelle Hilfe braucht. Jede Minute zählt.

Welche Diagnosemöglichkeiten gibt es, um die Folgen gering zu halten?

Prof. Pels: Der Notarzt oder der Rettungsdienst kümmert sich nach seinem Eintreffen um die erste Versorgung des Patienten. Es ist hilfreich, wenn das Auftreten der ersten Krankheitszeichen mit einer möglichst genauen Uhrzeit angegeben werden kann, da die Zeit von Beginn der Beschwerden bis zur Einleitung der Therapie im Krankenhaus von herausragender Bedeutung ist. Der Rettungsdienst transportiert den Patienten dann schnellstmöglich in ein Krankenhaus, das – eine auf Schlaganfälle spezialisierte Behandlungsstation, eine sogenannte Stroke Unit, haben sollte. In Regensburg gibt es im Krankenhaus Barmherzige Brüder sowie im Bezirksklinikum solche Spezialstationen, die der Vermeidung schwerer Hirnschädigungen einerseits und der Erholung betroffener Patienten andererseits dienen.

Prof. Bogdahn: Im Krankenhaus angekommen liefern die Ergebnisse der klinisch-neurologischen Untersuchung erste Anhaltspunkte dafür, welche Teile des Gehirns vom Schlaganfall betroffen sind und wie stark die Schädigung ist. Innerhalb von wenigen Minuten erfolgen dann eine Abbildung des Gehirns und seiner Gehirngefäße mittels Computertomographie und Ultraschallverfahren – sie informieren sofort, wo ein Schlaganfall vorliegt und wie stark die hirnversorgenden Blutgefäße betroffen sind. In der Notfalltherapie geht es nicht nur darum, das Leben des Patienten zu erhalten und sein Gehirn zu schützen, sondern auch gezielt verschlossene Gefäße umgehend wieder zu öffnen, sei es durch eine medikamentöse Auflösung des Gerinnsels oder eine mechanische Entfernung mit einer Katheter-gestützten Angiografie. Danach zielt die Behandlung auf das akute Vermeiden weiterer Schlaganfälle, ein weitestmögliches Wiederherstellen der durch den Schlaganfall beeinträchtigten Funktionen – wofür zudem meist eine Rehabilitation angeschlossen wird – und eine möglichst gute Wiedereingliederung in das normale soziale und berufliche Umfeld.

Was kann die Schlaganfall-Initiative für Betroffene tun?

Prof. Pels: Für die betroffen Menschen ist es wichtig, das Leben wieder selbst anpacken, so viel wie möglich selbst machen und sich nicht durch Rückschläge entmutigen lassen. Die Schlaganfall-Initiative hilft in allen Phasen und vermittelt Unterstützung in den Bereichen, die sie selbst nicht mehr oder noch nicht wieder leisten können. Vor allem aber sieht der Verein seine Aufgabe in der Aufklärung, wie das Risiko minimiert werden kann, um erst gar nicht Schlaganfall-Patient zu werden. Auch die Forschung zum Schlaganfall, seinen Ursachen und Folgen, wie auch dem Management wird von Ihr unterstützt.

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